Seit
Herr Becker Rentner ist, hält ihn ein kleiner Rauhaardackel auf Trab. Mehrmals
täglich will Hannibal, so heißt der kleine Kerl, ausgeführt werden. Dann tobt
er sich nach Herzenslust aus.
Auf
ihrer täglichen Runde kommen die Beiden regelmäßig an einer Kleingartenanlage
vorbei, wo Hannibal schon die ein oder andere Hundebekanntschaft gemacht hat.
Den größten Spaß bereitet ihm jedoch das große freie Gelände hinter den Gärten.
Hier jagt er wie besessen los und apportiert Stöckchen ohne Zahl, die sein Herr
ihm auswirft. Ein Pfiff genügt, und Hannibal wetzt auf Herrn Becker zu. Freudig
erregt springt er an seinen Beinen hoch. *Ist das toll, ohne Leine zu laufen,
so schnell und wohin ich will!* scheint das Tier zu denken. Hannibal und sein
Herr sind eben ein eingespieltes Team. Sie können sich einer auf den anderen
verlassen. Der Dackel folgt aufs Wort. Er ist der ganze Stolz seines Herrn.
Frohgelaunt
erreichen Herr und Hund auch heute wieder die Schrebergärten, in denen einige
Leute ihre Beete bearbeiten. So auch Herr Schmitz, der Nachbar von Herrn
Becker. Als Herr Becker und Hannibal näher kommen, werden sie sogleich von
Herrn Schmitz gesehen und aufs freundlichste begrüßt.
"Guten
Tag, Herr Becker", ruft er fröhlich über den Zaun. "Wieder mit dem
Hund unterwegs? Ist ja ein prächtiges Kerlchen! Wie heißt er doch gleich
noch?"
"Hannibal!"
"Ach
ja, Hannibal! Das ist ja ein quicklebendiges Tier! Der hält Sie wohl ganz schön
in Bewegung, was?"
"Ja!
Das kann man schon sagen. Aber es macht Spaß! Und mir tut es ja auch gut! Meine
alten Knochen können das gebrauchen."
"Ja,
ja! Ich halt mich trotzdem lieber mit Gartenarbeit fit. Auf so einen Hund muss
man immer so aufpassen, damit der keinen 'Mist' macht. Oder? Die laufen überall
hin, um ihre Geschäfte zu machen. Kann man sicher kaum verhindern. Gibt aber
eben oft Ärger. Nicht wahr?"
"Wenn
Sie dem Hund von Anfang an deutlich zeigen, was er darf und was er nicht tun
soll, lernt er es eines Tages. Hannibal ist das beste Beispiel: Der Hund macht
nur das, was er soll. Er erledigt seine 'Angelegenheiten' so, dass sich niemand
belästigt fühlt. Das hat er gelernt. Er gehorcht mir aufs Wort. So sollte es
sicher auch sein."
Inzwischen
war Herr Schmitz aus seinem Garten auf den Weg herausgetreten und betrachtet
etwas skeptisch den Vierbeiner. Ihm kommen da so einige Zweifel. Ob Herr Becker
da nicht zu optimistisch ist? Andererseits kennt er Herrn Becker zu gut, um an
seinen Worten zu zweifeln. Der Nachbar übertreibt eigentlich nie. Entspricht
nicht seinem Wesen. Herr Schmitz geht auf Herrn Becker zu und beugt sich zu
Hannibal herunter. Vorsichtig streichelt er ihm über das schwarzbraune Fell.
Der Hund schaut ihn mit treuen braunen Augen an.
"Sitz,
Hannibal," sagt Herr Becker.
Der
Hund erkennt am Klang der Stimme, was er zu tun hat. Sofort lässt er sich zu
den Füßen seines Herrn nieder.
"Ist
ja wunderbar," entfährt es Herrn Schmitz.
"Der
kann noch viel mehr! Den müssten Sie draußen auf dem Feld sehen - ein Pfiff -
und sofort ist er da. Mein Hannibal ist schon ein außergewöhnlicher Hund. Er
ist so lieb und anhänglich. Nur Freude bereitet mir das Tier, immer wieder nur
Freude."
Herr
Schmitz hört seinem Nachbarn aufmerksam zu. Er streift Hannibal mit einem
flüchtigen Blick, dann meint er:
"Wie
lieb der Kerl hier die ganze Zeit bei Ihnen sitzt. Wirklich! Sie haben ihn gut
erzogen."
"Ja,
das will ich wohl meinen! Nicht wahr, Hannibal? Du bist ein kluger Hund."
Als
das Tier seinen Namen hört, springt es sogleich auf, wedelt freudig erregt mit
dem Schwanz und schaut die beiden Männer erwartungsvoll an. Herr Schmitz will
Hannibal zum Abschied noch einmal streicheln, als ihm am Hosenbein von Herrn
Becker ein verdächtiger Fleck auffällt.
"Herr
Becker, ich glaube Sie haben unten an Ihrer Hose eine nasse Stelle. Sehen Sie
doch mal hin."
Herr
Becker beugt sich herunter. "Was ist das denn?" fragt er entsetzt.
"Wo kommt das denn her? Da muss ich wohl unbemerkt in eine Pfütze hinein
getreten haben."
"In
eine Pfütze? Sie machen Witze! Der Boden ist doch pulvertrocken."
Mehr
Worte bringt Herr Schmitz nicht mehr über seine Lippen. Er bricht in
schallendes Gelächter aus, geht einen Schritt zurück und zeigt auf Hannibal. "Ich
glaub, die Wasserquelle steht vor Ihnen. Von wegen, der Hund macht nur das, was
er soll!"
Noch
immer krümmt sich Herr Schmitz vor Lachen und amüsiert sich über Herrn Becker,
der fassungslos sein Hosenbein betrachtet.
(Helga
Salfer)
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