Ein
Anwalt der Tiere klagt den Mörder Mensch an, geißelt die Erbarmungslosigkeit,
mit der er Mitgeschöpfe zugrunde richtet
Der
Mensch ist ein grauenhafter Irrtum der Natur. Der Mensch ist ein Ungeheuer. Und
zwar das einzige auf diesem Planeten. Von den höheren Tieren unterscheiden ihn
zwei Fähigkeiten. Er allein weiß, dass er sterben muss. Und er besitzt ein
moralisches Bewusstsein. Und trotz dieses Bewusstseins dreschen Menschen
erbarmungslos auf alles ein, was lebt, zerstören in endlosen Amokläufen die
ökologische Balance, die in Jahrmillionen gewachsen ist. Vergiften und
verwüsten ganze Landstriche, ihre Flora, ihre Fauna.
Zwei
wichtige biologische Gesetze gibt es, die arterhaltend sind. Erstens: Aggressionen
gegen die eigene Art müssen ritualisiert ablaufen, so dass Verletzungen weitgehend
vermieden werden. Zweitens: Jede Tierart muss aus eigener Kraft mit Über- oder
Unterpopulation fertig werden. Zu eins: Seit Ende des Zweiten Weltkrieges gab
es in der kurzen Spanne von nur einem halben Jahrhundert weltweit mehr als 200
Kriege, Massaker, politisch organisierte Todschlägereien. Zu zwei: Anfang des
19. Jahrhunderts lebten auf der Erde rund eine Milliarde Menschen. Heute haben
wir die Sechsmilliarden-Grenze fast erreicht. Wenn Tierarten ebenso unfähig
wären, ihre Population zu regulieren, dann könnten wir wahrscheinlich vor
Zebras, Elefanten, Großkatzen oder Nacktschnecken nicht treten.
Die
Geschichte des Menschen ist eine Geschichte der Gewalt. Und Jahrtausende lang
ist es vor allem die Geschichte von Gewalt, Ausbeutung und endlosen Misshandlungen
gegen die Tiere.
250
Millionen Schlachttiere werden Jahr für Jahr quer durch Europa geschleift. Schier
endlose Kilometer Todestransport mit brutal zusammengepferchten, halbverdursteten,
zum Teil schwer verletzten Tieren, die mit Knüppeln, Elektrostäben und Forken
in Waggons getrieben werden. Waggons voller Tierleiber, Todesschweiß und Kot.
Milliardengeschäfte. Vom Norden und Osten Europas geht es in qualvollen Tagen
und Nächten an die Mittelmeerhäfen. Zerschunden, von Wunden bedeckt, mit
gebrochenen Gliedern, mehr tot als lebendig, werden die Tiere auf Schiffe in
den Orient verladen. Bei diesem gnadenlosen Geschäft interessiert die
skrupellosen Täter nur eins: die Belohnung aus Brüssel. So bezahlte die
Europäische Union etwa 1994 dem subventionsgeilen Exporteur bei sogenannten
Drittland-Ausfuhren einen Zuschuss von 2,38 Mark pro Kilo Lebendgewicht. Für
einen Schlachtbullen zum Beispiel kassiert der Betreiber dieser Horrordeals bis
zu 1500 Mark. In einem einzigen Jahr sackten die deutschen Lieferanten für
130000 Rinder, die in den Libanon verschachert wurden, 150 Millionen Mark
EU-Gelder ein. Steuergelder von Bürgern, die sich vor den Alptraumbildern dieser
Folterfahrten entsetzen. Und was tun die politisch Verantwortlichen? Die Herren
Fischler, Bangemann und Co., Brüsseler EU-Kommissare, vertreten ein EU-Recht,
das Agrar-Diktatur bedeutet, Verbrechen an Nutztieren legalisiert,
Subventionsbetrügereien in Millionenhöhe möglich gemacht hat, Steuern in
Milliardenhöhe verschleudert, mitverantwortlich ist für BSE-Skandallösungen.
Der Katalog der Fehlentscheidungen aus Brüssel ist endlos. Auch die politisch
Verantwortlichen in Deutschland arbeiten als Erfüllungsgehilfen der EU-Politik.
Es ist der dreckige Deal mit Abermillionen gefolterter Tiere aus Massentierhaltungen,
es ist die Duldung von Herodesprämien für das Serienkillen von Kälbern. Diese
Verbrechen passieren millionenfach, legal, staatlich subventioniert, verklärt
durch Schönrederei und Pharisäersprüche. Das ist die Moral von Metzgern, die Ideologie
von Schlachthausbetreibern.
Nicht
nur den "Nutztieren" bereitet der Mensch die Hölle. Auch für die Hätschelobjekte
Hunde und Katzen haben sich aus Profitgier und Modewahnsinn kommerzielle
Vermehrer Monstrositäten ausgedacht. Die sogenannten Zucht-Schauen präsentieren
zunehmend teure Krüppel, Invaliden auf Lebenszeit. Weil mit normal gewachsenen,
gesunden Hunden offenbar weniger Sensation, weniger Geld zu machen ist, werden
todkranke Zwerge und Riesen herausmutiert: Hunde ohne Haare, Hunde, die nur aus
Hautfalten bestehen, großvolumige Hunde mit Stummelbeinen und Hunde, deren
Haarfülle jede Bewegung zur Qual macht. Große Augen werden züchterisch so
vergrößert, dass sie dem Tier bei Erregung aus den Augenhöhlen fallen, kleine
Augen so extrem verkleinert, dass die Augenlider nach innen kippen und
lebenslang die Hornhaut penetrieren. Ergebnis: wahnsinnige Schmerzen, später
Blindheit. Man hat riesige Ohren gezüchtet, die am Boden schleifen, normale
Ohren abgeschnitten, Krüppelschwänze hergestellt und normal gewachsene
amputiert.
120000
Rassehunde werden in der Bundesrepublik offiziell Jahr für Jahr züchterisch "hergestellt".
Gleichzeitig werden Jahr für Jahr Zigtausende Hunde von überdrüssigen Besitzern
erschlagen, ersäuft, aus fahrenden Autos geworfen, im Wald zum qualvollen Verrecken
angebunden oder in Mülltonnen "entsorgt". Die am wenigsten brutalen Hundehalter
geben lästig gewordene Tiere wenigstens im Asyl ab. Die Tierheime quellen über
von Opfern.
Auch
Katzen bleiben nicht vom Irrsinn menschlicher Moden und Willkür verschont: Damit
sie teure Möbel nicht verkratzen, operiert man ihnen die Krallen heraus. Ein überlanges
Fellkleid macht das Jagen unmöglich, die rücksichtslos verkürzten Nasen schaffen
schwere Atemprobleme. Es gibt Nacktkatzen und um als schicker Besitzer aufzufallen
die reinweiße Züchtung: damit verbunden Taub- oder Blindheit, manchmal beides.
Für
Militär, Kosmetik, Medizin und sogenannte Wissenschaften werden in den Versuchslaboratorien
jährlich Hunderttausende von Tieren verbrannt, verbrüht, vergiftet, erdrosselt,
erstickt, ertränkt, mit Stromstößen umgebracht, rauschgiftsüchtig gemacht und
als lebende Zielscheiben beschossen. Man zertrümmert ihre Knochen, implantiert
in die Hirne Elektroden, steckt sie in Fesselungsapparate und Gipspanzer, damit
sie nicht zappeln und zucken. Und um
ihre qualvollen Schreie nicht hören zu müssen, zerschneidet man ihnen praktischerweise
die Stimmbänder. Fachjargon: "entbellen". In der modernen Massentierhaltung
werden Schweine, Rinder, Kälber und Hühner in drangvolle enge Käfige und Koben
gepfercht. Da stehen, schwanken und liegen sie auf Gittern, Spaltböden oder
Beton, haben deformierte Gelenke, beißen sich gegenseitig Ohren und Schwänze
ab, vegetieren unter Folterbedingungen. Bis zum Schlachthof.
Kein
Leben vor dem Tod auch für die Hunderttausende von Nerzen, Füchsen, Nutrias und
Chinchillas in den Pelztier-Farmen. Mit zerrissenen Pfoten, entzündeten
Mäulern, vereiterten Augen, vollgepumpt mit Medikamenten gegen Infektionen, die
den "Bestand" vernichten könnten, warten sie auf den Erstickungstod
mit Kohlendioxid, den Elektroschock, die Todesspritze oder Traktorabgase, bis
sie zum eleganten Pelz für die Damen abgehäutet werden. Der gefeierte Philosoph
Rene Descartes betrachtete Tiere als seelenlose Objekte, als bloße "Maschinen"
und resümierte folgerichtig: "Ihre Schmerzensschreie bedeuten nicht mehr
als das Quietschen eines Rades". Diese ethische Einstellung scheint noch 350
Jahre später gültig zu sein. Die kartesische Kälte beherrscht unsere Profit-
und unsere Amüsiergesellschaft.
Von
der Kotelett-Mafia bis zu den Voyeuren in Stierkampfarenen. Auch am Ende des
zwanzigsten Jahrhunderts quält unsere Gesellschaft Tiere so schamlos, als wären
die Schreie der Gefolterten nur das lästige Geräusch quietschender Räder. Die
Kaufleute des Todes betreiben erfolgreich wie nie ihr furchtbares Geschäft.
Die
Bibel erzählt uns die Entstehungsgeschichte der Welt und berichtet, wie der
Schöpfer Tag für Tag schöpft, was das Zeug hält: Berg und Tal, Fluss und Meer,
Himmel und Wolken - und am Ende jeden Tages das Geschöpfte für durchaus
gelungen hält. Bis zum Mittag des sechsten Tages hat der Herr aller Dinge
sämtliche Tiere erschaffen und formt sodann ein Menschenpaar. Und zwar nach
seinem Bilde. Der offensichtlich schon reichlich Ermüdete gibt dann noch den beiden
Frischgebackenen den Auftrag, die Erlaubnis - so genau ist das nicht formuliert
- mit allem bisher Erschaffenen nach Belieben zu verfahren. Es war
Samstagabend, der Schöpfer war auch an diesem Tag rundum mit sich zufrieden und
ordnete den Sonntag als Ruhetag an, worauf er sich erschöpft zurückzog. Hätte
er nicht, wie jeder vernünftige Arbeitnehmer, am Samstagmittag Schluss machen
können?
(Gert
Haucke)
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