Gesunde
Trauer bedeutet, Schmerz zu überwinden und ihn nicht ein ganzes Leben
beherrschen zu lassen. Und wenn die Zeit dafür gekommen ist, sich positiv an
den verlorenen Gefährten zu erinnern. Der Weg dorthin ist schmerzhaft und sehr
individuell.
Die
schweizerisch-US-amerikanische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross (1926-2004)
hat mehrere Bücher zum Thema Sterben, Stadien der Trauer und das Leben nach dem
Tod geschrieben. Durch ihr Buch „On Death and Dying“ (Interview mit Sterbenden)
wurde sie berühmt. Dieses Buch aus dem Jahr 1960 definiert fünf Stadien der
Trauer. Gleich nach dem Erscheinen wurde das Buch mit dem Phasenmodell heftig
angegriffen. Hauptargument war, dass mit der Generalisierung und
Standardisierung das Erleben und die Individualität missachtet würden. Dennoch
ist das Phasenmodell bis heute aktuell und ein Leitfaden. Das Fortschreiten der
Stadien ist ein Anhaltspunkt, um Trauer zu verstehen. Es handelt sich bei den
Phasen um unbewusste Strategien zur Bewältigung einer extrem schwierigen
Situation, welche individuell unterschiedlich ausgeprägt sind. Die Phasen
können parallel vorhanden sein, sich überschneiden oder in unterschiedlicher Reihenfolge
auftreten, verschieden lang andauern oder ganz ausbleiben. Jeder trauert auf seine
ganz persönliche Weise. Es gibt keinen Zeitplan, in dem festgelegt ist, wann
seelischer Schmerz vorübergeht, und niemand muss sich sorgen, wenn ein Stadium übersprungen
oder beendet wird oder erneut beginnt.
Phase
1: Leugnen (Denial)
Diese Phase besitzt viele Bezeichnungen, im Englischen nennt sie Elisabeth
Kübler-Ross „Denial“ (Verleugnung), jedoch wird sie auch „das nicht wahrhaben
wollen“ und die „Isolierung“ genannt.
In diesem Abschnitt wird der Tod des geliebten Tieres geleugnet, das
Bewusstsein kann den Schmerz noch nicht zulassen. Kam der Tod plötzlich und
unerwartet, so dauert diese Phase länger an, als wenn das Tier bereits erkrankt
war und man wusste, dass es keine Chance auf Heilung geben wird. Der Verlust äußert
sich auch häufig in körperlichen Beschwerden, z. B. Schlaflosigkeit,
Herzrasen, Magenverstimmungen und ein allgemeines Unwohlsein.
Phase
2: Zorn (Anger)
Die zweite Phase wird von Wut dominiert. Aber auch Schuldgefühle oder Angst
können in dieser Phase auftreten. Schuldgefühle (z. B. fühlt man sich schuldig
wegen der Euthanasie, weil man die Tür nicht richtig zugemacht oder den Hund
hat ohne Leine laufen lassen) spielen bei der Trauer eine wichtige Rolle, oftmals
fühlen sich Menschen sogar schuldig, weil es ihnen langsam besser geht, so als
ob das Loslassen einem Verrat gleichkommt.
Phase
3: Verhandeln (Bargaining)
Oft ist diese Phase nur kurz und sehr flüchtig. Jedoch wird sie von kindlichen
Verhaltensweisen geprägt, wie die eines erst zornigen und dann verhandelnden
Kindes, das versucht, sich mit alltäglichen Tätigkeiten (zum Beispiel
häuslicher Art) eine Belohnung zu erhandeln. Außerdem versuchen die Betroffen
einen Ausweg in Form eines „Handels“ mit Gott zu schließen oder fordern eine
Belohnung von Gott. Aussagen wie „Ich werde jeden Tag in die Kirche gehen, wenn
nur mein Tier wieder zu mir zurück kommt.“ sind nicht selten.
Phase
4: Depression und Leid (Depression and grief)
Depression tritt als Reaktion auf die veränderte Lebensweise durch den Verlust
auf. Verzweiflung und Verlust lösen in dieser Phase Erstarrung, Zorn und Wut
ab. Man fühlt sich intensiv traurig, hoffnungslos, ausgelaugt und hilflos und
denkt sehr viel an das verstorbene Tier. Man sucht gemeinsame Orte auf und gibt
sich seinen Erinnerungen hin. Fotos werden aufgestellt und der Verlust wird
intensiv wahrgenommen.
Es beginnt aber auch, dass die Gedanken nicht nur Trauriges, sondern auch Tröstliches
bringen. Die Seele begibt sich auf den Weg, den verstorbenen Gefährten für
immer im Herzen zu behalten und trotzdem nach vorn zu blicken. Für das geliebte
Tier findet sich ein immaterieller Platz, der für die Ewigkeit ist.
Phase
5: Akzeptanz (Acceptance)
In der vierten Phase wird der Verlust nach und nach als Realität akzeptiert.
Jeder Tierbesitzer beginnt, in irgendeiner Weise sein Leben neu zu gestalten,
nicht mehr nur passiv zu ertragen. Manche finden ein neues Hobby oder etwas
anderes. Für viele jedoch ist es ein neuer tierischer Freund. Viele Beziehungen
enden mit dem Tod, dennoch sind sie trotz des Schmerzes wert, gelebt zu werden.
Jedem
steht Trauer um ein geliebtes Tier zu. Bei jeden dauern die Trauerphasen unterschiedlich
lang; die Trauer wird jedoch nie ganz enden.
Ich
wünsche allen viel Kraft und wundervolle Erinnerungen,
© Isa
of Mayflower
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